Donnerstag, 30. Juni 2011

Nachtschatten.

Ich weiß auch nicht. Irgendwie kommt mir die Verbindung von der Tomatenpflanze und einer Orangerie doch ziemlich dubios vor, doch kann ich es euch nicht vorenthalten, einen kleinen Ausschnitt des Romans Auslöschung. Ein Zerfall ,von Thomas Bernhard, zu präsentieren. Diese Assoziation habe ich der Bloggerin Mimi zu verdanken, da ihr Profil ihre Herkunft preisgibt und der Autor des Romans eine lange Zeit in dem Land verbrachte und seinen Protagonisten viel über dieses Land erzählen lässt.


„[...] Mein erster Kontakt mit den sogannten anderen Menschen war der Kontakt zu den Gärtnern gewesen, sie beobachtete ich, sobald und sooft und solange ich konnte. Aber ich gab mich schon von Anfang an nicht nur mit der Farbenpracht der Gewächse zufrieden, hatte ich zu Gambetti gesagt, ich wollte immer schon gleich auch wissen, woher die Farbenpracht kommt, woraus sie entsteht und wie sie präzise bezeichnet wird. Die Gärtner auf Wolfsegg waren immer die geduldigsten Leute gewesen, sie strömten die größte Ruhe aus und lebten in der Regelmäßigkeit und in der Einfachheit, die ich wie keine andere bewundert habe. Von den Gärtnern war ich immer am meisten angezogen gewesen, ihre Bewegungen waren die unbedingt notwendigen, beruhigenden, immer nützlichen, ihre Sprache war die einfachste, klarste. Sobald ich selbstständig gehen konnte, war mein Lieblingsaufenthalt die Orangerie gewesen, [...]. Vorallem im Winter, wenn die freie Natur schneebedeckt und kahl war, hatte ich zu Gambetti gesagt, hatte die Orangerie ihre große Zeit. Ich durfte von Anfang an bei den Gärtnern sein und zuschauen, schließlich mit ihnen arbeiten. Es war ein großes Glücksgefühl für mich, hatte ich zu Gambetti gesagt, wenn ich in der Orangerie von einer kleinen Bank aus, bei den Azaeelen, die meine Lieblingsblumen sind, die Gärtner beobachten durfte. Schon das Wort Orangerie hat mich immer fasziniert, hatte ich zu Gambetti gesagt, es war das Lieblingswort meiner Lieblingswörter. [...]"


Ist doch etwas länger geworden, aber es ist für mich ein so schönes Gefühl diesen Text zu lesen, als ob sich diese Wörter wie ein Seidentuch um mein Hirn falten und es behutsam umschlingen, um mich entfalten zu lassen.
Es geht mir so ähnlich wie dem Protagonisten bei dem Wort Nachtschatten, dass auf mich eine Wirkung hat, eine vollkommende, eine beruhigende, aber auch düstere, wenn nicht die düsterste Wirkung, denke ich. Zwar sind Nachtschattengewächse antagonistisch zu den Zitruspflanzen, die bekanntlicher Weise in einer Orangerie wachsen, aber das Gefühl, was der Protagonist erlebt, der Autor beschreibt, ist ein ähnliches, ein gleiches. Um abschließend noch ein wenig Farbe in die Tristesse dieses Blogs zu geben, füge ich noch ein wenig Bildmaterial unserer Nachtschattengewächse hinzu, die ich mit Tatendrang pflege und gepflegt habe. Solanum lycopersicum oder auch einfach Tomate.



Das Gewächshaus neben unserem Garten.
(Habe ich selber aufgebaut!)


Tomatnepflanzen an unserer Hauswand.
(Im Gewächshaus ist leider nicht viel Platz!)


Blüten einer Tomatnepflanze im Gewächshaus.
(Eigentlich finde ich die Farbe Gelb unschön, aber an der 
Pflanze ist es erträglich und natürlich!)


Früchte der mittleren Tomatenpflanze im Gewächshaus
(Ob das was wird?)

Sonntag, 19. Juni 2011

Lagerfeuerdepressionen.

Schöner Tag. Ein schöner Tag heute. Es hat alles geklappt und wir sind zufrieden, denken wir, während das kühle Bier die Rachen runter fließt, als säßen wir höchst persönlich als Schneemann in der Hölle. Die Kinder sind glücklich. Sie haben ihre Eltern heute größtenteils gesehen und diese sahen, wie glatt doch alles lief. Ein kompetentes Leiterteam, sowie die Leitung derer. Doch unsere größte Herausforderung sollte den nächsten Tag so prägen, so fernab aller Gedanken sein, dass wir uns in Sicherheit wogen. Ein schönes Gefühl. Sicherheit. Man bemerkt sie eigentlich nur, wenn sie durch Abwesendheit auffällt. Als der Lärm der Kinder nur durch ein paar gezündete Knallkörper übertönt werden konnte, standen wir auf, gemeinsam. Erst trieben wir die Kinder wieder in ihre Zelte, die vor Aufregung nicht wussten, was sie machen sollten, doch dafür sind wir ja da, wir behalten den kühlen Kopf, wir zeigen Verantwortung durch geschlossenes Auftreten. Die Überfaller ziehen sich zurück. Gut, denken wir und versuchen die abendliche Tagesreflexion so gut es geht durchzuführen, dann ein weiterer Knall, wie wir dachten. Etwas dumpf klang es schon, dachten wir im Nachhinein, aber nicht außergewähnlich auffällig. Wir rannten. Rannten aus dem Lager um den Überfallern klar zu machen, dass Knallkörper tabu sind, keine Option. Gleichzeitig dachten wir, dass es besser sei im Lager zu bleiben, den Wimpel zu beschützen und uns nicht rauslocken zu lassen. Die Anderen werden das schon regeln, dachten wir. Unser letzter geordneter Gedanke, dachte ich und setzte mich an das grell-flackernde Lagerfeuer. Es ist so heiß, dachte ich, als ich mein Bier leerte, mir noch eins nahm und es wieder leerte. Nach und nach kamen mehr Besucher zu uns. Wir bereitetem dem Spiel ein Ende, der Umstände halber. Gar nicht mehr so spaßig, dachten wir und saßen da. Wir alle um das Lagerfeuer, das wichtigste Symbol unserer Gefühle, wie es lordert und leckt, seine Wärme uns von Innen heraus auffrisst, als entziehe es uns aller Kraft und Klarheit. Wir sitzen nun da und sind machtlos, der Junge, der mit 70km/h angefahren wurde ist auf dem Weg in das Krankenhaus. Er wird es nicht schaffen, stirbt am nächsten Morgen an den Folgen des Unfalls. Wir wissen das nicht und das einzige, was uns übrig bleibt ist Beten. Beten zu Gott, oder zu wem auch immer, der die Macht hat ein Leben zu schützen. Eine unglaubliche Atmosphäre, denke ich und weiß gleichzeitig, dass dieses Ereignis uns als Menschen ein Stück näher gebracht hat. Ein tragisches Ende, denke ich, denkt er, denkt sie, denken wir, dass uns veränderte. Ich schaue nochmal ins Feuer, die verbrannte Asche schwebt im Wind, Richtung Boden. Gegenwart ist Vergangenheit. Wir werden Zukunft.